Super 8

Wettstreit der Formate

Perspektiven eines Acetat-Enthusiasten

Archiv Teubig

Aus Kinothek 04/1981, Seite 73ff

Super-8 oder Video: Die große Entscheidung für ``Einsteiger``

Wer sich für das Kino, besser gesagt für den Film interessiert, wird sehr bald den Wunsch haben, auch Filme zu „besitzen“. Doch welcher Bildträger ist der Geeignete? 35mm-Kinokopien sind wohl kaum zu bekommen, außerdem ist ihr Besitz strafbar. 16mm-Filme sind zumeist nur leihweise von Verleihern gegen entsprechendes Entgelt zu bekommen; bleibt also der kommerziell genutzte Super-8-Film oder die Videocassette! Beide Medien haben ihre Vor- und Nachteile, daher möchte die KINOTHEK Ihren Lesern eine Entscheidungshilfe sein! Wer also gewillt ist in sein Privatkino zu investieren, tut gut daran diesen Artikel zu lesen …

PRO VIDEO

Die Technik:

Die Videocassette ist kein Film der auf photographischem Wege hergestellt wurde, sondern ein Magnetband das Ton- und Bildimpulse speichern kann. Die Impulse stammen von einem qualitativ hochwertigen „Mutterband“, auf das die Vorlage der Kinofilm – ebenfalls elektronisch überspielt wurde. Recorder und Fernsehgerät wandeln diese magnetischen Informationen wieder in Bild und Ton um. Die auf dem Markt befindlichen Recorder aller Systeme sind technisch ausgereift und bieten ein Höchstmaß an Bedienungskomfort. Auf Knopfdruck spult das Videoprogramm ohne Pause vor dem Zuschauer ab.
Das Fernsehschirmbild ist dabei Tageslicht-unabhängig, eine Verdunklung ist selten nötig. Das sekundenschnelle Einfädeln des Magnetbandes ermöglicht das sofortige Betrachten der Videocassette. Zeitlupe, schneller Vorlauf und Rücklauf mit Bild und Ton sind ebenso möglich wie Standbilder oder Stand-By-Pausenschaltungen. Eine Großbildprojektion bis zu 1,50m Breite ist mit entsprechenden Geraten möglich.

Das Programm

Das Angebot der Hersteller wächst beinah stündlich! Filme aller Genres sind im Verkauf und Verleih erhältlich. Die Preise schwanken im Verkauf je nach Aktualität und Spieldauer eines Films zwischen 90.- und 289.- DM pro Cassette. Die Verleihpreise schwanken erheblich für ein und denselben Leih-Film kann man zwischen 8.- bis 20.- pro Wochen als Gebühr beim Videohändler zahlen. Videocassetten beinhalten stets den ganzen ungekürzten Film! Neben dem riesiqen Angebot von Standard-Filmen gibt es auch hochaktuelle Kinofilme die (legal) zum Kinostart angeboten werden.

Das Drumherum

Videokassetten gleicher Systeme sind austauschbar. Man kann somit Videofilme an Tauschpartner mit dem gleichen System weitergeben. So ergibt sich auch hier die Möglichkeit neue Freunde via „Video“ kennenzulernen. Da man mit dem Recorder auch aufzeichnen kann, erweitert sich das „Kino“ noch: die nur regional ausgestrahlten 3. Programme oder Randsender unserer Nachbarländer liefern zusätzlich kostenlose Programme. Nach dem Motto: „Zeichnest Du mir in München „Jerry Lewis“ vom ORF 1 auf, zeichne ich Dir „Frankenstein“ vom NDR 3 in Hamburg auf“, also eine weites Betätigungsfeld für Filmfreunde und solche die es werden wollen!

KONTRA VIDEO

Durch das recht kleine Fernsehbild bleibt das eigentliche Kinoerlebnis „auf der Strecke“. Bei Breitwandfilmen nehmen die schwarzen Balken mitunter noch bis zu 2/3 des Gesamtbildes ein. Großbild-Projektoren sind zum einen noch sehr teuer (8 – 15 Tsd. DM), und zum anderen ist ihre Bildqualität noch sehr schlecht. Die angebotenen Filme sind bei genauerem hinsehen häufig zweit- und drittklassige Streifen für die man an der Kinokasse nicht mal 1.- DM ausgeben würde.
Wie man in der KINOTHEK jedoch sehen kann, wird das Programm stetig aktueller und besser. Die Filmkopien für die Videoüberspielung sind oft in einem schlechten Zustand: etliche „Hacker“ durch frühere Filmrisse und nicht reparable Laufstreifen schmälern das Filmvergnügen mitunter. Dazu kommen die videotechnischen Probleme wie „Dropouts“ (weiße Blitze im Bild), elektronische Knacker und rauschender Ton. Durch den schon jetzt zu bemerkenden Preisverfall im Konkurrenz-Kampf der Hersteller sind Videofilme keine Wertanlage im üblichen Sinne, vom ideellen Wert natürlich abgesehen

PRO SUPER 8

Die Technik:

Der Super-8-Film ist ein organischer Verwandter des Kinofilms. Super-8-Kopien entstehen beinah im gleichen Verfahren wie der Kinofilm (Vergl. auch KINOTHEK Nr. 3 „Wie entsteht ein Super-8-Film“). Es ist ein belichteter, perforierter Positivfilm der mit einem Projektor auf eine Leinwand projiziert wird. Im völlig abgedunkelten Raum ist der Betrachter sofort mit dem Geschehen „verbunden“. Hochqualifizierte Projektoren mit lichtstarken Vario-Objektiven und guten Tonverstärkern machen das „Nachvollziehen“ möglich. Der Super-8-Film kann alle Finessen des Kinos bieten: ein großes Bild, CinemaScope-Breitwand, Magnetton in Mono und Stereo. Entsprechende Projektoraufsätze mit großen Spulen ermöglichen nahtlose Vorführungen bis zu 90 Minuten. Die Lagerung der S-8-Filme in Weißblechdosen garantiert „ewige“ Freude am Kino.

Das Programm

Das Angebot der Hersteller ist sehr groß. Die Mehrzahl der wirklich erfolgreichen Kinofilme und Klassiker gibt es aus rechtlichen Gründen nur auf Super-8 in Ausschnittfassungen, von 110m – 440 m = 16 Minuten bis 60 Minuten Spielzeit. Super-8-Fassungen bieten entsprechend der Handlung komprimiert die Höhepunkte eines Kinofilms. Gut edierte S-8-Fassungen sind mitunter spannender als der langatmige, ganze Film. Das Programm reicht von Spielfilmen über Kurz-, Werbe-, Zeichentrick-, und Kulturfilme bis zu Wochenschauen und Trailern, so wie es das Kino auch bietet. Die wertvollen Farbkopien sind schon bald begehrte Sammler-Stücke da ihre Auflagen meist schnell verkauft sind und somit Raritäten werden.

Das Drumherum

„Kino spielen“ macht nicht nur 14-jährigen Buben Spaß, sondern auch ihren Vätern; das ist wie mit der Eisenbahn … Ein „Privatkino“ mit allen
Finessen bauen, Freunde einladen, Gedanken austauschen und Filme kinogerecht anzusehen ist eine gute Art Kommunikation zu betreiben.

KONTRA SUPER 8

Leinwand, Projektor, Lautsprecher und Kabel müssen vor jeder Vorführung installiert werden. Ersatzteile und Zubehör müssen immer griffbereit sein. Die relativ teuren Filmteile (ca. 129.- bis 149.- pro 110m color Ton = 16 Spielminuten) können zwar auf großen Spulen zusammengefaßt werden, jedoch tritt fast immer ein Schärfesprung nach jeder Rolle auf, der am Projektor nachgeregelt werden muß. Die Bild- und Tonqualität der Filme ist mitunter sehr verschieden. Es gibt ausgezeichnete und recht schlechte Kopien die jedoch das gleiche Geld kosten! Komplette Filme auf Super-8 sind sehr selten. Die gekürzten Ausschnittfassungen bieten nie den ganzen Film sondern immer nur einen Extrakt. Jeder Schnitt bedeutet jedoch einen Eingriff in die Arbeit des Regisseurs. Es kommt sogar vor, das die Handlung völlig verstümmelt und unverständlich wird. Das häufige abspielen der Kopien führt unweigerlich zu Kratzern und Laufrillen auf der Schichtseite des Films. Ein hohes Maß an Sauberkeit im Projektor und im Umgang mit den Filmen kann diese Begleiterscheinung vermindern.

FAZIT

Der Super-8-Film ist teuer und die Filme fast nur gekürzt erhältlich. Dafür sind die Titel meist hochaktuell und das totale Kinoerlebnis ist mit Super-8 machbar.
Die Videocassette bietet Filme in voller Länge zum vergleichsweise günstiqen Kauf- oder Leihpreis. Das Angebot ist breit aber von einigen Ausnahmen abgesehen nicht sehr aktuell. Bedingt durch die Videotechnik ist das „Filmerleben“ sehr begrenzt.
In Abwandlung unserer Uberschrift: Super-8 oder Video? sollte man sich und seinen Geldbeutel also fragen: „Kleines, preisgünstiges Kino vom Magnetband oder großes, teures Kino vom Film? Eine schwere Entscheidung, vielleicht konnte die KINOTHEK sie ihren Lesern erleichtern?

Artikel im Original-Layout

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Autor: Michael Teubig

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