Super 8

Zeichentrickfilme auf Super-8

Alles ausser Disney

Archiv Teubig

Aus „Die Leinwand“ – Ausgabe 1/1986

Bleistifthelden aus Tusche und Gags...

Wenn im Fotofachhandel und in den Kaufhäusern überhaupt noch Super-8-Filme angeboten werden so handelt es sich zu 99% um Zeichentrick-Klassiker! Das haben sowohl einige Hersteller (z.B. Piccolo-Film) ermittelt und dieses Ergebnis wird auch von befragten Fotohändlern bestätigt.

In dieser SUPER-8-RETRO wollen wir einmal sichten was es so an Zeichentrickfilmen (ausser Walt Disney – die wurden schon in Heft 3/84 vorgestellt) gab und gibt.

Natürlich kann das wieder nur eine Auswahl sein denn eine komplette Übersicht aller Zeichentrickfilme auf Super-8 würde allein ein ganzes Heft füllen… So haben wir uns zunächst einmal (Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen) auf die in Deutschland lieferbaren Filme beschränkt. Der Ausdruck „lieferbar“ ist (wie gewöhnlich) mit Vorsicht zu geniessen. Es handelt sich vielmehr um Streifen, die der Redaktion vorlagen, gesehen wurden, oder zumindest bekannt sind.

Nachträge und Ergänzungen unserer Leser können wir gern in einer späteren Folge berücksichtigen.

Popeye auf Super 8POPEYE, jener spinatsüchtige Supermatrose der stets sein Pfeifchen raucht und auch vor den unmöglichsten Abenteuern nicht zurückschreckt, war und ist ein Kind der Famous-Studios bzw. der Paramount-Pictures. Schon seit den 40er Jahren erfreute er sich rund um den Erdball größter Beliebtheit und sogar das ZDF hievte den schlaksigen Sailor als Pausenfüller eine zeitlang ins Hauptabendprogramm. Auf dem deutschen Markt waren insgesamt 30 (!) Episoden in Farbe und Magnetton lieferbar. Die gleichen Titel gab es dann noch stumm und in s/w. Sie wurden von der französischen Firma Film-Office hergestellt und über die Globus-Film (jetzt in Ismaning bei München ansässig) vertrieben. Teilweise ließ Globus-Film die Streifen untertiteln oder hatte sogar deutschen Ton zur Verfügung. Sofern keine Texte gesprochen wurden – was häufig bei Popeye-Cartoons der Fall ist, wurden die Filme einfach mit einem deutschen (neuen) Titel versehen und so angeboten. Ähnlich verfuhr man bei Film-Office/Globus auch mit den zahlreichen Tom&Jerry-Filmen die in Heft 1/84 schon in einem „Special“ vorgestellt wurden. Zu den besten Popeye-Episoden gehören die Filme POPEYE IM LOWENKAFIG, POPEYE UND BLUTO ALS RIVALEN, POPEYE UND DER MARSBEWOHNER sowie POPEYE UND DER SUPERMANN. Diese Streifen werden dem von Dave und Max Fleischer geschaffenen Charakter am besten gerecht. Noch heute sind über Globus-Film eine Reihe von Popeye-Cartoons lieferbar wobei natürlich die Farbfilme mit Ton zum großen Teil vergriffen sind. Für Normal-8-Fans sind Popeye – Filme noch von 17m – 60m Länge verfügbar.

Woody Woodpecker auf Super 8WOODY WOODPECKER, der Star der Universal-Pictures, gehört zu den erfolgreichsten Cartoon-Helden der Filmgeschichte. Noch heute laufen seine Zeichentrickspässe an jedem Sonntagmorgen in den amerikanischen Fernsehsendern. In Deutschland sind von ihm ganze 13 Cartoons (von Piccolo-Film) erschienen und auch noch lieferbar. Sie zeichnen sich durch sehr gute Farben und absolute Originalität aus.

Woody Woodpecker-Cartoons sind hauptsächlich auf 16mm in Umlauf und zählen bei Technicolor-Freaks zu den gesuchtesten Sammlerstücken.

Walter Lantz, der Zeichenstift-Vater von Woody Woodpecker und seinen Spießgesellen, gehörte zugleich zu den produktivsten Produzenten unter Hollywoods-Cartoon-Machern. Seit 1953 produzierte er jährlich 13 (offenbar eine magisch Zahl) Woody-Woodpecker-Episoden in die er auch stets neue Charaktere (z.B. Chilly Willy) einführte. Doch auch in den Jahren davor als er noch für Warner-Brothers arbeitete, lag der „Ausstoß“ an Woodpecker-Cartoons nahe bei 8 pro Jahr. Als das Interesse der Kinos an den eigentlich sehr beliebten „Pausenfüllern“ (meist zwischen Double-Features) nach ließ, schloß Lantz resignieren sein Produktions-Studio. Das war im Jahre 1973. Seither wertet er seine Filme hauptsächlich im Fernsehen aus -und verdient damit Millionen.

Der Universal-Super-8-„Ableger‘ CASTLE-Films bracht seit den 60er Jahren (mit Aufkommen des Super-8-Formates) eine Vielzahl von Woody Woodpecker-Cartoons im Original heraus. Leider ist kein Katalog oder Liste verfügbar die Auskunft über Titel und Anzahl geben könnten. Piccolo-Film hat – bevor unter dem Piccolo-Label eigene „Woodpecker-Cartoons erschienen – CastleFilme importiert. Leider war das Meiste davon zwar farbig aber stumm!

Das Publikum mochte angeblich den Originalton nicht (…aber was sonst…?) und so beließ man die Filme häufig stumm. Zu den qualitativ und inhaltlich besten Filmen von Castle zählt ohne Zweifel „Bats in the Belfry“ und unter den deutschen Episoden von Piccolo-Film ragen „WOODY DER SPIELZEUGSCHRECK“ und „WOODY DER STARVERKAUFER“ hervor. Auch die anderen Universal-Lantz-Cartoons wie „DIE LUSTIGE MUSIKPARADE“ oder „DIE NOTENSCHLACHT“ sind Perlen der Zeichentrick-Kunst. Tatsächlich ist die Komik und Kunst der Woody Woodpecker-Filme immer unterschätzt worden weil sich deren Qualität immer an den Disney-Filmen messen lassen mußte. Die oft „lauten“ und knalligen Woodpecker-Streifen sind wie guter Wein – je länger sie lagern um so besser werden sie …..

Markenzeichen: Rote Rübe und freche Sprüche. Sein Vater stammte aus den Disney-Studios und war im Streit von dort geschieden, um bei Warner-Brothers im Jahre 1939 eine neue, künstlerische Heimat zu finden: Leon Schlesinger. Er war „BUGS BUNNY“ selbst und nur selten hat sich ein Chefzeichner so sehr mit einem seiner Charaktere identifiziert wie er! Bugs Bunny trat zunächst als Randfigur in den beliebten „Merry Melodies“ der Warner-Brothers-Cartoon-Abteilung auf und avancierte bald zum Star. Frank Tashlin der später unzählige Jerry Lewis- , Filme inszenierte war der „geistige“ Vater von Bugs Bunny. Er schrieb ihm die Gags auf den Leib, erfand die herrlich blöden Wortspiele und frechen Sprüche seines Helden.

Die deutsche Synchronisation hat sich stets bemüht den komischen Charakter des Originals beizubehalten. Ob das immer gelungen ist muß das Publikum entscheiden. Vornehmlich die deutschen Fernseh-Synchronisationen finden sich auch auf den von UFA/ATB veröffentlichten Bugs Bunny-Cartoons wieder.

Sie waren eigentlich sehr schön wenn auch nicht immer überaus originell und sie hatten einen „Fehler“: sie waren zu teuer… Erst die späteren Ausverkaufsaktionen bei Quelle machten es möglich einigermaßen preiswert an Bugs-Bunny-Cartoons zu kommen. Qualitativ waren die Filme immer sehr gut und ließen keine Wünsche offen – wie Zeichentrickfilme überhaupt in punkto Schärfe und Farbe weniger „Probleme“ machen als Realfilme. Sprechen wir von der UFA so sei auch erwähnt, daß von UFA auch viele SCHWEINCHEN DICK-Episoden (mit Walter Gross als Synchronstimme) lieferbar waren und natürlich auch die anderen Schlesinger-Warner-Charaktere wie DUFFY DUCK, SYLVESTER, ROADRUNNER oder ELMER FUDD und TWEETY im Angebot vertreten waren.

10 Filme mit je 110m color/Ton und 15 ca. 80m color/Ton-Streifen waren von UFA neben einer Fülle von 17m-Versionen lieferbar.

Zu den Cartoon-Highlights des UFA-Angebotes gehörten fernerhin die MORDILLO-Filme (6 Stück) mit je 30m color/Ton. Die 240m-Fassungen (3X80m) von TIM UND STRUPPI IM SONNENTEMPEL und die 4X80m-Fassung von DREI GLORREICHE MUSKETIERE waren ebenfalls Perlen des Programms. Weniger überzeugend weil schon für das Fernsehen produziert zeigten sich die UFA-FILME PINOCCHIO und HEIDI in diversen Episoden mit unterschiedlichen Spielzeiten. Die Qualität war stets toll – aber der Inhalt… Lustig waren dagegen wieder die farbigen MAINZELMÄNNCHEN-Geschichten und auch die beiden FUSSBALLBALLETT-FILME (obwohl kein Zeichentrick sondern „Video!!Trick) erfreuten sich großen Interesses. Der uns allen wohlbekannte Gallier aus Klein-Bonum mit seinem verfressenen Spießgesellen – gemeint sind ASTERIX & OBELIX – ist ebenfalls auf Super-8 mit allerlei komischen Streifen vertreten. Goscinny und Dargaud (ihre Väter) haben sich lange gegen eine „Vermarktung“ ihrer gallischer, Streithähne ausserhalb der Kinos gewehrt. Schließlich wurden sie aber gezwungen (mit Geld!) ihre Meinung zu ändern und so erhielt die Firma Piccolo-Film die Erlaubnis erste Episoden (mit Auflagen) zu veröffentlichen.

Insgesamt 7 45m-color/Ton-Filme wurden aus den drei Hauptfilmen ASTERIX EROBERT ROM, ASTERIX UND CLEOPATRA und ASTERIX DER GALLIER zusammengeschnipselt. Es handelt sich dabei um einzelne Episoden die aus dem Zusammenhang gerissen worden sind und daher wenig „Sinn“ ergeben. Insofern eignen sich die Filme mehr als kleine „Zugaben“ zum allgemeinen Programm.

Erst Jahre später durfte auch eine 120m-Fassung „neu“ zusammengestellt werden. Was Piccolo-Film nicht wußte war die Tatsache daß die Firma FILM-OFFICE in Frankreich schon längst eine ganze Reihe von Einzelepisoden aus des ASTERIX-Filmen (in französisch) herausgebracht hatte. Es gab Lizenz-Rangeleien denn bald tauchten via Globus-Film und als Exporte die Film-Office-Streifen auch in Deutschland auf und zwar auch in deutscher Sprache. Piccolo-Film führte alsbald eine Einigung herbei und man beschloß so eine Art Gebietsschutz. Das Ergebnis: Piccolo-Film erhielt von FILM-OFFICE eine Unterlizenz und brauchte sich nicht mehr mit dem deutschen Rechte-Inhaber, dem JUGENDFILM-VERLEIH, herumärgern. Die Qualität der Piccolo-Filme war meist eine Idee besser als die der Film-Office-Streifen da man besseres Ausgangsmaterial zur Verfügung hatte. Diesen Unterschied bemerkt man aber nur wenn man beispielsweise Piccolo-Filme mit Film-Office-Streifen zusammenschneidet. Inwieweit sich aus den bisher bekannten Filmen die Hauptfilme durch Zusammenschnitt rekonstruieren lassen wird Thema eines späteren „Specials“ sein.

DER ROSAROTE PANTHER war eigentlich das Ergebnis einer Pleite. Die Firma De Patie-Freleng-Enterprises mietete die eben geschlossenen Warner-Brothers-Cartoon-Studios an um dort weiter (nicht mehr für’s Kino sondern für’s Werbefernsehen) Cartoons zu produzieren. Als Komödien-Spezialist Blake Edwards an die Firma herantrat und einen Entwurf für einen Titelvorspann bestellte, entstand der „rosarote Panther“. Dieser „PAULCHEN PANTHER“ wie er später hieß war also eigentlich nur als „Vorspannfigur“ gedacht. Der Film „THE PINK PANTHER“ bezog sich nämlich nicht auf die Trickfigur, sondern auf den Hauptdarsteller Peter Sellers! Allerdings – bis heute sind viele Kritiker der Ansicht, daß die Titelsequenz mit dem Trick-Panther und Henry Mancinis Musik allein besser ist als der ganze Film …

Die Firma MARKETING-FILM brachte seinerzeit einige neu gezeichnete PinkPanther-Cartoons heraus die aber so schlecht „gingen“, daß man alsbald diese Titel aus dem Katalog strich. Für Pink-Panther-Fans sind aber gerade diese kurzen Streifen rare Sammlerstücke wenn man einmal von den Trailern zur Spielfilmserie absieht in denen er auch stets auftaucht. Bleibt noch nachzutragen das die Marketing-Filme von brillanter Qualität waren!

Immer wenig unscharf und nie so ganz „schön“ blieben dagegen die Piccolo Filme ( 1x120m color/Ton und 1x45m color/Ton) mit den von Zeichner Peyo geschaffenen „Schlümpfen“. DIE SCHLÜMPFE UND DIE ZAUBERFLÖTE und DAS LIED DER SCHLÜMPFE (nicht das von Vadder Abrahan!) waren dennoch Verkaufsrenner vorwiegend für das „Kinder-Kino“. Die eigentlich belanglosen Filme (Stückwerk aus dem Kinofilm) sind heute restlos vergriffen und nur noch schwer zu bekommen.

Das Team Gillet/Palmer/van Beuren schuf seit den 30er Jahren eine Cartoon-Serie die unter dem Titel TOONERVILLE CARTOONS ein Begriff wurde. Sie ist bei uns weniger bekannt geworden – mit einer Ausnahme: FELIX DER LUSTIGE KATER schaffte auch bei uns den Sprung auf die Leinwand. Allerdings zu einer Zeit als er seinen Zenith überschritten hatte: die besten Cartoons mit FELIX waren schwarz-weiss gewesen. Als die Farbe hinzukam, waren den Zeichnern schon die Ideen ausgegangen. Die insgesamt 6 bei Piccolo-Film erschienenen FELIX-CARTOONS gehören aber zu den Besten überhaupt. Obwohl sie viel „kindliche“ Gags bieten sind sie auch für Erwachsene unterhaltsam. Ausserdem kann man sich an der überaus guten Qualität erfreuen.

Weniger Einfallsreich und einfach „zu schnell“ sind dagegen die ebenfalls bei Piccolo erschienenen 8 (!) GOLDORAK-Science-Fiction-Cartoons. Sie entstammen sämtlich einem großen, abendfüllenden Film der aber nie so rechten Erfolg im Kino hatte. Man merkte der japanischen Produktion das „Fernsehformat“ überdeutlich an: wo andere Zeichner sich die Mühe machten etwa Blätter an einen Baum zu zeichnen und einzeln zu bewegen beließen es die Japaner bei einem grünen, ballrunden Farbklecks…

Robert Crumb, einer der Underground-Heroen der 70er Jahre schuf mit seinem FRITZ THE CAT einen brillanten wenn auch nicht eben jugendfreien Zeichentrickfilm der heute schon Legende ist. Sein „versauter“ Kater dem nichts heilig ist – er raucht Hasch, schimpft auf seine ewig keifende Frau, hat handfeste Liebschaften mit anderen „Miezen“ und erlebt zwischen Rausch und „Kater“ unsere zivilisierte, für Kater unerträgliche Welt – der Film wurde ein Welterfolg. Die 3 x 45m und 2x 110m colo /Ton-Film stind heute schon Raritäten und man soll zugreifen wenn einem (sofern man 18 Jahre alt ist ….. ) diese Kopien angeboten werden. Ein fast braver Zeitgenosse – gemessen an FRITZ THE CAT – ist ohne Zweifel der stets rauchende
dünnbeinige Cowboy LUCKY LUKE! Auch seine Abenteuer — (meist mit der blöd-brutalen Dalton-Bande) gehören zu den wirklich unterhaltsamen Cartoons. Ähnlich wie im Falle ASTERIX sind sowohl von Piccolo-Film ( 3 x 45m color/Ton) als auch von FILM-OFFICE/GLOBUS (etwa 8-10 Filme) erschienen. Während die FILM-OFFICE-Streifen von sehr guter bis sehr schlechter Qualität waren (also vor dem Kauf unbedingt ansehen!) sind die Piccolo-Filme – aber eben nur 3 – sehr gut. Bleibt noch anzumerken das es sich bei den auf Super-8 veröffentlichten Filmen ausschließlich um die für das Kino gedrehten Episoden handelt und nicht um die vom Fernsehen ausgestrahlten (und auch nur noch für das Fernsehen produzierten) Filme handelt.

Sehr amüsant sind auch die Cartoons der Familie um FRED FEUERSTEIN. Die haarsträubend-komischen Abenteuer der Steinzeitfamilie sind zwar sehr einfach animiert aber sie verfehlen ihre Wirkung nicht! Leider sind nur zwei Filme in deutscher Sprache a‘ 45m color/Ton von Piccolo-Film lieferbar.

In den USA gab und gibt es weit mehr FEUERSTEIN-Cartoons als bei uns. Ebenso verhält es sich mit den skurrilen Abenteuern von YOGI-BÄR, jenem frechen und vor allem stets unerschrockenen Bären dessen Markenzeichen ein verknautschtes Hütchen auf dem hellen Kopf ist. YOGI-BÄR ist neben einer Reihe uninteressanter 17m-Fassungen mit insgesamt 3 x 45m color/Ton-Filmen im Angebot der Piccolo vertreten.

Eine handvoll CinemaScope-Filme (von Cineton) mit dem exzentrischen MR.MAGOO und dem ewig verpennten Hund DROOPY runden das in Deutschland verfügbare Angebot an Cartoons außerhalb des Disney-Blockes ab.

Die Cartoons der verschiedenen Epochen mit den unterschiedlichsten Charakteren dokumentieren heute schon wieder vergangene Kino-Zeiten und haben sämtlich also auch nostalgische Bedeutung. Das Ende der Cartoon-Produktion ist in etwa mit 1970 zu beziffern. Walter Lantz sagte dazu in einem Interview: „Wir müssen aufhören – die Kosten für ein 6-Minuten-Cartoon lassen sich heute erst nach etwa zehn Jahren wieder hereinholen. Die Kinobesucher haben immer gern die Cartoons als Pausenfüller oder Vorprogramm genossen. Aber – sie haben keinen Pfennig mehr dafür bezahlen müssen – nur der Verleiher mußte uns ja schließlich honorieren. Also hat man diese kostenintensiven Vor- und Zuspeisen gestrichen; letztendlich war das Publikum gekommen um den Hauptfilm mit Humphrey Bogart oder Marlon Brando zu sehen – Woody Woodpecker oder Donald Duck hatten die Zuschauer schon am Ende der Vorstellung wieder „vergessen“. Wir waren jedoch gezwungen von schwarzweiss auf Technicolor umzusteigen was allein die Kosten für jedes Cartoon verdreifacht hat. Kunst ohne Honorar ist eine brotlose Kunst und wir Cartoon-Produzenten sind jetzt im Kino brotlos geworden. Unser Abnehmer ist jetzt das Fernsehen in allen Ländern der Erde. Allerdings – im Gegensatz zu den Japanern produzieren wir nicht mehr, sondern wir werten unseren Filmstock aus. Das muß Disney genauso tun wie ich, wobei wir natürlich die abendfüllenden neuen Trickfilme ausnehmen müssen. Aber ich möchte lieber nicht wissen wie bei dem heutigen Kostenstand diese abendfüllenden Filme sich überhaupt amortisieren. Ohne das Fernsehen und viel Merchandising hätte auch Disney längst aufhören müssen. Ich bin aber froh darüber daß heute die Kinder und Eltern in Japan genauso über Woodpecker & Company im Fernsehen lachen wie etwa die Fanzosen oder Engländer. Das hilft den Figuren denn doch zu einer gewissen Unsterblichkeit – und mir ein gutes Leben.“ Zitat Ende.

Zeichentrickfilme im Heimkino sind also etwas ganz Besonderes und man sollte seine Zuschauer auch darauf aufmerksam machen. Natürlich darf man ein Cartoon lachend konsumieren – man sollte diesen Konsum aber nicht mit dem vom Fernsehen gewohnten „reinziehen“ von Vorabend-Serien verwechseln. Cartoons sind eine eigenständige Filmkunst-Gattung, unwiderbringliche und unwiederholbare Kleinode. Wie wär’s – laden Sie Ihre Film-Clique doch einmal zu einem Zeichentrickfilmabend ein und präsentieren Sie „Cartoon-Kunst“. Der Abend wird sicher ein voller Erfolg – gerade wegen seiner bunten Mischung.

Und – lassen Sie dabei Disney-Cartoons weg. Sie sind eine Klasse für sich. Entdecken Sie einmal Zeichentrick-Neuland!

 

 

Michael Teubig

„Die Leinwand“ Ausgabe 1/1986

Laden Sie hier die komplette Ausgabe, aus der dieser Artikel entnommen wurde, als PDF:

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