Für ein paar Filme mehr

26. August 2020 Joachim

Auf den Spuren eines verschollenen Dokumentarfilms über Super 8 Sammler

Gegen Ende der Super 8 Ära, 1999, produzierte Thomas Wind zusammen mit Werner Bednarz den 30minütigen Dokumentarfilm „Für ein paar Filme mehr“. Eine öffentliche Ausstrahlung war zwar geplant, hat sich aber leider nie ergeben. Unser Gespräch dreht sich um die Hintergründes dieses wunderbaren Films:

Ausschnitte aus „Für ein paar Filme mehr“

Mit freundlicher Erlaubnis von Thomas Wind präsentiert off2 ein paar Ausschnitte aus der unveröffentlichten Dokumentation. Bitte beachtet, dass als Quellmaterial die x-te Generation einer Videokopie zur Verfügung stand. Dies hat deutliche Spuren hinterlassen in Bild- und Tonqualität – was auf der anderen Seite die Ästhetik eines Videotape-Bildes schön zur Geltung bringt…

Die einleitenden Worte dienen als Einführung bei erster Rezeption via Youtube oder facebook ohne Interviewtext.

Interview mit Thomas Wind, Kameramann & Regisseur

off2: Hallo Thomas, Du – als Regisseur – und Produzent gemeinsam mit Werner Bednarz, Ihr habt 1999 einen Dokumentarfilm über Sammler von Super 8 Filmen gedreht, mit dem Titel „Für ein paar Filme mehr“. Wie kam die Idee dazu?

Thomas: Die Idee zu dem Projekt kam, als ich Ende der 90er Jahre wieder anfing, aktiv Spielfilme im Super 8 Format zu sammeln. Ich hatte mir in den späten 70er und den 80er Jahren eine sehr große Sammlung aufgebaut, die damals aber, aus Zeitgründen, schon einige Jahre nicht weiter ausgebaut wurde. 1998 suchte ich dann, speziell zwei Super 8 Filme, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf DVD erschienen waren. Außerdem gab es auch ein paar Kopien von denen ich mich trennen wollte, um Platz zu schaffen.

Zu diesem Zweck inserierte ich in der Berliner Zeitung „Zweite Hand“, einem Blatt für An- und Verkauf Anzeigen.

Auf meine Anzeige meldete sich der Berliner Sammler Michael Schneider und es kam zu einem Treffen.

Als ich die Unmenge an Filmen in seiner Wohnung sah, war ich echt von den Socken! Das ganze hatte in etwa den drei- bis vierfachen Umfang meiner Sammlung. Es waren fast alle Schnittfassungen die in der BRD erschienen waren vorhanden und außerdem etliche internationale und deutsche Komplettfassungen. Dann noch Trailer, Defa-Veröffentlichungen usw…

Bei aller Sammelleidenschaft die ich selbst an den Tag legte. Das kleine Kino, das er sich im Keller eingerichtet hatte und in dem ausschließlich Filme im Super 8 und 16mm Format abgespielt werden konnten, war ein weiteres Zeugnis davon, mit wieviel Leidenschaft hier jemand seinem Hobby nachging.

Im Laufe der nächsten Monate lernte ich weitere Berliner Sammler kennen und war überrascht das die meisten davon sich ebenfalls Kinos eingerichtet hatten. Das mag heute zur Zeit erschwinglicher, hochwertiger HD Beamer nicht mehr ganz so ungewöhnlich sein. Damals, als z.B. eine Vorführkabine quasi Pflicht war, um das Laufgeräusch des Projektors nicht während der Vorführung zu hören, war das schon etwas ganz besonderes.

Mir wurde auch klar, das viele Sammler einen Großteil ihre Einkommens in diese Leidenschaft investierten.
Das all dies, zur Zeit des DVD Booms und nach dem Siegeszug von VHS in dieser Form noch existierte, ließ in mir die Idee reifen eine Dokumentation darüber zu drehen, die versucht diese, extreme Leidenschaft von einigen, der wenigen noch existierenden Super 8 Sammlern einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln.

off2: 1999 war die kommerzielle Super 8 Filmkopie ja bereits über 15 Jahre vom Massenmarkt verschwunden…

Thomas: Ja, deshalb war ich selbst auch zunächst überrascht auf Sammler zu stoßen, die zu dieser Zeit noch ihrem „Hobby“, oder nennen wir es lieber ihrer Leidenschaft, in diesem Ausmaß nachgingen.

off2: Wie habt Ihr für den Film im Vorfeld recherchiert?

Thomas: Als langjähriger Sammler, bin ich natürlich selbst mit der Materie bestens vertraut. In erster Linie ging es darum, zu planen welche Sammler im Film zu Wort kommen und an welchen Locations gedreht wird. Uns ging es darum zu zeigen, das es eben nicht den typischen Super 8 Sammler gibt.

Vielmehr wollten wir vermitteln das die Liebe zum Film und speziell dem Super 8 Format, diese Leute vereint, sie ansonsten aber unterschiedlicher kaum sein könnten.

Vom Angestellten der städtischen Verkehrsbetriebe, über den Auszubildenden Aufnahmeleiter beim Film und den Krankenpfleger, zeichnet der Film, bis zum selbstständigen Unternehmer ein Bild, wie vielfältig die Super 8 Sammlerszene war und wohl bis heute noch ist.

off2: Was war denn die Zielsetzung, und die Zielgruppe?

Thomas: Natürlich war uns klar, dass der Film bei Sammlern selbst auf Gegenliebe stoßen würde. Wir wollten, wie schon erwähnt vor allem aber auch Menschen, denen die „Szene“ völlig unbekannt ist einen Einblick ermöglichen.

off2: Und als Ihr dann damit begonnen habt, den Film umzusetzen, wie groß war Euer Produktionsteam?

Thomas: Wir waren zu fünft. Eine durchaus übliche Teamgröße zur Umsetzung einer kleinen Dokumentation.

off2: Jetzt mal gerade so ein paar Hardfacts: Auf welchem Material wurde gedreht?

Thomas: Gedreht wurde auf Digital Betacam. Damals das gängige Format für Fernsehproduktionen.

off2: Und wie viele Drehtage hattet Ihr eingeplant?

Thomas: Der Film ist an 6 Tagen, verteilt über einen Zeitraum von 2 Wochen gedreht worden.

off2: Wo wurde gedreht?

Thomas: Ausschließlich in Berlin. Neben zwei privaten Super 8 Kinos, wurde unter anderem auch im legendären Super 8 Kopierwerk „ANDEC Filmtechnik“ gedreht.

off2: Traten unvorhergesehene Probleme bei der Produktion auf?

Thomas: Als professioneller Kameramann, der mit den ganzen Unwegbarkeiten, die solche Produktionen aufwerfen vertraut ist, wundert es mich zwar selbst, aber es gab tatsächlich keine Probleme, Alles lief wie geplant.

off2: In der Dokumentation interviewt Ihr ja einige Filmsammler. Anhand welcher Kriterien wurden sie für den Film ausgewählt und wie habt Ihr sie gefunden?

Thomas: Die Frage habe ich ja eigentlich schon bentwortet. Das Hauptkriterium war, möglichst unterschiedliche Persönlichkeiten aus unterschiedlichen sozialen Schichten im Film zu Wort kommen zu lassen, die aber die Leidenschaft für Spielfilme im Schmalfilm- und vor allem Super 8 Format eint.

Auf die Suche musste ich mich gar nicht begeben, da ich durch meinen Wiedereinstieg ins „Sammlerleben“ 1997, automatisch Kontakt zu den meisten Sammlern in Berlin hatte.

off2: Im Mittelpunkt des Films steht Michael Schneider. Was waren denn die Gründe, Ihn in den Fokus zu rücken?

Thomas: Michael zeichnete sich dadurch aus das er sehr unbefangen vor der Kamera war und sehr gut frei über seine Sammelleidenschaft und auch technische Aspekte des Super 8 Formats reden konnte.
Außerdem war seine Sammlung die vermutlich mit Abstand umfangreichste, in Berlin.

off2: Sind die im Film gezeigten Sammler noch heute in der Szene aktiv?

Thomas: Kontakt besteht nur noch sporadisch zu zwei der Protgonisten, die beide noch bzgl. Super 8 aktiv sind, aber ihre Sammlung stark reduziert, bzw. größtenteils auf BluRay Projektion mit Beamer und in Teilen sogar auf 35mm Analog Film umgestellt haben.

off2: Als dann alle Aufnahmen im Kasten waren, wie lange dauerte die Postproduktion?

Thomas: Die Postproduktion hatten wir nach 14 Tagen intensiver Arbeit abgeschlossen.

off2: Ist der Film 100% fertig geworden?

Thomas: Ja, kann man sagen. Jedenfalls ist er genauso geworden, wie wir es im Vorfeld geplant hatten.

off2: Wie habt Ihr Eure Doku finanziert? Gab es auch Fördergelder?

Thomas: Da wir selbst Zugriff auf sämtliche Hardware (Kamera, Licht, Ton, Schnittplatz, Tonstudio) hatten und nicht riskieren wollten, das Protagonisten die uns zugesagt hatten ggfs. wieder abspringen, haben wir weder versucht einen Fernsehsender, noch die Landes-, oder Bundesfilmförderung mit ins Boot zu holen. Ein Fehler wie sich später zeigen sollte…

off2: Kannst Du die Gesamtkosten des Projekts ungefähr umreißen?

Thomas: Dadurch das Werner Bednarz, Cutter und Co-Produzent, Mitinhaber einer Film- und Fernsehproduktion ist, entstanden bzgl. Equipment und Studio keine unmittelbaren Kosten.
Alle Beteiligten arbeiteten außerdem ohne Gage. Wäre alles bezahlt worden, hätten die Produktionskosten damals etwa 25000 bis 30000 DM betragen.

off2: Man muss ja mit bedauern feststellen, dass Euer (wirklich toll gemachter) Film ungesehen in der Versenkung verschwunden ist. Wie kam es dazu?

Thomas: Fernsehsender zeigen im allgemeinen wenig Interesse, an Dokumentarfilmen, bei denen sie nicht schon in der Planungs- und Vorbereitungsphase redaktionell einbezogen wurden. Auf diesen zeitaufwendigen Prozess verzichteten wir aus genannten Gründen. Gleiches gilt für Anträge zur Filmförderung. Außerdem wollten wir uns von redaktionellem Einfluss eines ggfs. beteiligten Senders frei machen.

Im nachhinein sehe ich das aber als Fehler, da der Film in dieser Form leider einer größeren Öffentlichkeit vorenthalten blieb.
Angebote zur Ausstrahlung gab es zwar, allerdings zu einer Summe, die so weit unter dem üblichen Budget einer halbstündigen Dokumentation lag, das eine auch nur annähernd angemessene Bezahlung, des Produktionsteams nicht möglich gewesen wäre.

Wir lehnten deshalb damals ab. Ebenfalls etwas, das ich inzwischen als Fehler ansehe.

Es hätte im Gegensatz dazu das der Film nun gar nichts eingespielt hat wenigstens eine, „symbolische“ Vergütung gegeben und der Film hätte u.U. ein interessiertes Publikum unter den Fernsehzuschauern gefunden.

off2: Waren Filmfestivals eine Option?

Thomas: Der Film wurde kurz nach Fertigstellung auf dem Filmfest in Weiterstadt gezeigt und dort sehr gut vom Publikum aufgenommen.

Es gab auch noch ein paar Screenings in Berliner Kinos.

off2: Der Film liegt seit 20 Jahren in der Schublade. Gibt es noch Pläne für die Zukunft Eurer Dokumentation?

Thomas: Vielleicht bringen wir ihn irgendwann mal in Zusammenarbeit mit einem Label, als Bonusmaterial zu einer BluRay, oder DVD Veröffentlichung heraus.

off2: Glaubst Du es wäre interessant, in der heutigen Zeit so einen Dokumentarfilm nochmal zu drehen?

Thomas: Das einzige was sich seit damals, als wir den Film produziert haben verändert hat, ist das die Sammlerszene noch kleiner geworden ist. Alles Interessante, was es dbzgl. zu erfahren gibt, ist denke ich größtenteils mit unserem Film abgedeckt.

off2: Ja prima, sammelst Du eigentlich noch Super 8 Filme?

Thomas: Wie so viele Sammler habe ich den größten Teil meiner Super 8 und auch 16mm Filmsammlung inzwischen verkauft.
Einige wenige Kopien habe ich aber aus nostalgischen Gründen behalten. Hinzu kommen einige Filme, die bis heute auf keinem digitalen Datenträger veröffentlicht wurden.

Die eigentliche Sammlung wurde aber, vor allem auf BluRay Mediabooks und Steelbooks umgestellt, da hier die Cover eine ähnliche Faszination, wie seinerzeit die von Super 8 Filmen ausüben, was natürlich nur meine persönliche Ansicht darstellt.

Durch meine Aktivität beim Kinofilmverleih, dem Betrieb eines kleinen Programmkinos und meiner beruflichen Tätigkeit, als Kameramann bin ich dem Thema Film, wenn auch nicht Super 8, außerdem quasi täglich verbunden.

off2: Vielen Dank für das Gespräch!

Thomas Wind

Jahrgang 1967

Kameramann, selbstständig

Programmgestalter des „Z-inema“ (hier auch ab und an Super-8-Veranstaltungen)

Gründungsmitglied des genossenschaftlichen Kinofilm Verleihs „Drop-Out Cinema

Seinen ersten Super 8 Stummfilm-Projektor aus Kunststoff und mit Kurbelantrieb erhielt er im Alter von 8 Jahren, seine erste Kamera mit 10.
Seit dem 14. Lebensjahr Filmsammler, zu diesem Zeitpunkt auch der erste eigene Tonfilm-Projektor.

Hättet Ihr Interesse den Film mal ganz zu sehen?

Schreibt Eure Meinung in die Kommentare!

Comment (1)

  1. Stephan S.

    Hallo und vielen herzlichen Dank für den Ausschnitt aus dieser sehenswerten Doku, würde diese sehr gerne mal in voller Länge sehen und wäre auch absolut dazu bereit, diese als DVD-Veröffentlichung zu kaufen sowie weiterzuempfehlen.

    Mit perforierten Grüßen
    Stephan S.

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