Super 8

Dokumentationen

ZEITGESCHICHTE AUF SUPER-8

Archiv Teubig

Aus „Die Leinwand“ – Ausgabe 3/1985

Auch im Super-8-Geschäft gab und gibt es sogenannte ``heimliche`` Hits:

Die Rede ist von Dokumentarfilmen im weitesten Sinne und von zeitgeschichtlichen Filmdokumenten im Speziellen. So ist es ein offenes Geheimnis,das eine Firma wie die Piccolo-Film zur Blütezeit des Super-8-Formates von einem Film wie „Hitler – eine Karriere“ weit mehr Kopien verkaufen konnte als von einem Thriller wie „Der weisse Hai“ o.ä. Titel. Bewertet man den Verkaufserfolg auch noch ganz richtig in „verkauften Rollen“ à 120m Film, so schneidet Adolf Hitlers Karriere mit 6 Rollen erheblich besser ab als etwa Steven Spielbergs Fürchte-Hai mit nur 2 Rollen pro Einheit, wenngleich diese in Farbe waren.

Richtig ist, das Dokumentationen über unsere jüngste Vergangenheit einschließlich sogenannter „Reisefilme“ o.ä. weiterhin Verkaufsschlager im S-8-Bereich (und erst recht auf 16mm) sind. Grund genug für uns,einmal in Abrissen innerhalb der Super-8-Retro auf das Thema Dokumentationen einzugehen. Das tatsächlich verfügbare Angebot an Filmen würde bestimmt ein ganzes Heft für sich allein einnehmen. Daher haben wir querbeet in Zusammenfassungen das Angebot der bekannten Hersteller gesichtet und neben der Aufzählung mit Randnotizen versehen.

FLEISCHMANN-FILM

Diese vergleichsweise kleine Firma existiert schon seit gut 15 Jahren und hat sich bei den Filmfreunden einen guten Namen gemacht. Zum speziellen Angebot gehören sehr viele Dokumentationen,die meist (leider) stumm und natürlich original schwarz-weiss sind. Es handelt sich durchweg um Filme die von 16mm-Ausgangsmaterial, teilweise auch von 35mm-Material über Negativ (manchmal auch Umkehrfilm) kopiert wurden. Da Fleischmann-Film keine Rezensionskopien zur Verfügung stellen wollte, haben wir einige Filme aus Privatbesitz unter die Lupe genommen, bzw.Fleischmann-Kunden nach Ihren Erfahrungen befragt. Dabei kam heraus,das die Filme mitunter wegen der jahrelangen Lagerung (ob in Büchsen oder Kartons ist nicht bekannt), Schrumpfungen, bzw. Verformungen aufweisen, die schon mal zu Schärfeproblemen bei der Vorführung führen können. Sie sind jedoch meist sehr scharf und kontrastreich kopiert und wenn man Mängel feststellen konnte dann lediglich dahingehend,das meist zu hell kopiert wurde. Das kann man dann mit der Sparlicht-Schaltung (z.b.bei Bauer-Projektoren) ein wenig ausgleichen. Offenbar hat Fleischmann-Film wegen der bekannten Mängel auch die Preise entsprechend gestaltet.So kostet der Film „Reisebilder aus alter Zeit“ mit 142 Metern DM 55.- während der Streifen „Die größten Boxkämpfe aller Zeiten“ mit nur 132 Metern DM 79.- kostet. Dabei muß man natürlich bedenken, das bei Dokumentarfilmen nun einmal immer technische Mängel auftreten können, denn schließlich haben die meisten Kopiervorlagen ihre 40 bis manchmal 60 Jahre Alter „auf dem Buckel“.

Auszug aus dem Katalog:
Die größten Boxkämpfe aller Zeiten,132m s/w stumm, Die andere Seite,120 s/w stumm Reisebilder aus alter Zeit, 142m s/w stumm, Alte Lehrfilme der Wehrmacht, 125m s/w stumm, Kampfübungen der Deutschen Wehrmacht, 200m s/w stumm,Der Krieg im Westen, 110m s/w stumm, Vom Bodensee zum Arlberg, 100m s/w stumm, Alte Reisebilder,134m s/w stumm,Kühne Männer, 112m s/w stumm, Die schönsten Tieraufnahmen in freier Wildbahn,130m s/w stumm, Das alte Dresden,122m s/w stumm (oder mit sep.Tonband), Eine Reise ins Sudetenland, 1OOm s/w stumm (oder mit Cassetten-Ton), Die schönsten Mädchen beim Sport,125m s/w stumm, Über die Päpste,130m s/w stumm, Alte und neue Filmstars, 232m s/w stumm, Technik der Raumfahrt,130m s/w stumm, Die romantische Strasse, 120m color stumm, Von Hindenburg zu Adolf Hitler, 125m s/w stumm, Drittes Reich und II.Weltkrieg, 270m s/w stumm (oder mit 9,5cm Tonband), Berlin bleibt Berlin, 140m s/w; stumm, Glanz und Untergang, 100m s/w stumm ,

Fernerhin führt Fleischmann-Film Kurzfilme von 17-45m,die chronologisch nach Jahren (1941, 1942 usw.) zu großen Rollen zusammengeschnitten werden können. Vor allem bei Reisefilmen ließe sich nachträglich eine Magnetspur auftragen die man dann selbst vertont. Fleischmann-Film führt auch die Dokumentarfilme von Inter-Pathé-Film und Piccolo-Film im Programm. Sie sind jedoch im Katalog nicht extra deklariert,so das man hier aufpassen muß, um Vewechslungen vorzubeugen. Den informativen Gesamtkatalog von Fleischmann-Film erhält man von
Fritz E.Fleischmann-Film,Altstadt 90,8300 Landshut

INTER PATHÉ-FILM

Die Inter-Pathé-Film in Frankfurt ist ja in jeder Hinsicht für Film-Fans eine Fundgrube -und- natürlich ganz besonders auch für Dokumentarfilm-Freunde. Inhaber Ing.Paul Schmitt sammelt selbst alle möglichen Bilddokumente aus der Zeit vor und während des II. Weltkrieges und entsprechend umfangreich ist auch sein Angebot mit Filmen zum Thema. Im Gegensatz zu FLEISCHMANN-FILM hat Inter-Pathé-Film fast ausschließlich Tonfilme im Programm. Das ist natürlich sehr viel besser, denn die „unkommentierten“ Stummfilme lassen ja doch so manchen Zuschauer ratlos zurück. Außerdem vermittelt der Ton (etwa bei Wochenschauen) einen guten Eindruck darüber, wie man damals Filme „gemacht“ hat, welche Sprecher und Musiken bevorzugt waren und vieles mehr.

Da die Inter-Pathé-Film im Hause die Möglichkeit hat selbst schwarzweiss von 35mm oder 16mm auf Super-8 zu kopieren und zu vertonen, ist natürlich auch eine Qualitätskontrolle gewährleistet. Es wird (und kann) zwar aus Personalgründen nicht jede Kopie geprüft werden, dafür ist man aber bei Umtauschwünschen der Kunden sehr kulant, wie wir uns von einigen Lesern bestätigen ließen. Fernerhin bringt das Kopierwerk im Hause die Möglichkeit mit sich,das Programm stets ausreichend am Lager haben zu können, da nach Bedarf einfach eine neue Auflage hergestellt werden kann. Besonders interessant für den Filmfreund dürften die zahlreichen Wochenschauen sein, die man wunderbar als „Beiprogramm“ zu Filmen wie „Die Feuerzangenbohle“ oder „Der Kongress tanzt“ oder „Film ohne Titel“ einsetzen kann.

Fangen wir also gleich mit den Wochenschauen an:

Von der Deutschen Wochenschau (meist Tobis) stehen felgende Streifen in Super-8 zur Verfügung: Juni 1940, Dezember 1941, April 1944, Mai 1944, März 19445 8/45,Februar 1945 7/45. Emelka-Wochenschauen: 1932 I,II,. Deutschland kapituliert 1945 (USA-Material) und Jahresschau 1940 (USA). Alle Filme sind zwischen 66, 90m und ca. 120m lang und jeweils mit Ton. Triumph des Willens,Teil 1&2,360m s/w Ton, Hitler spricht, 120m s/w-Ton, Goebbels spricht, 33m s/w Ton, Flieger, Funker, Kanoniere,120m s/w-Ton.

Sehr interessant ist auch die aus 12 Rollen à 90 Meter s/w-Ton bestehende Kriegs-Chronik „Die Welt in Flammen“, die von den Anfängen des Nationalsozialismus in München bis zur Kapitulation die ganze Geschichte des 1000-jährigen Reiches erzählt. Das ist dann allerdings ein absolut abendfüllendes Programm. Der Film ist wegen seines Erfolges sogar in italienischer Sprache und englischer Sprache auf Super-8 (bei ie-international, Milano) auf Super-8 herausgekommen.

Zu den sehr raren Farbfilm-Dokumenten jener Zeit zählt der Streifen „Paris unter deutscher Besetzung“, 55m color/Ton,einer Rarität,die ebenfalls bei Inter-Pathé im Programm ist.

Eine ganze Reihe von Stummfilmen (Rückkehr der Legion Condor, Danzig-Polenfeldzug, Am Westwall, Tobruk fällt u.v.m.) runden das Angebot zum Thema III.Reich ab. Ähnlich wie Fleischmann-Film hat Inter-Pathé auch eine Vielzahl von (leider stummen) „Eisenbahnfilmen“(sie gehören vor allem in England zu den Rennern) und „Raumfahrt“-Filmen neben etlichen Streifen zum Thema „Reisen“ und „Fliegerei“ im Programm. Auch hierüber gibt der zuletzt zur „photokina 84′“ neu aufgelegte Gesamtkatalog Supers ausführliche Auskunft. Man kann bei Inter-Pathé-Film (wie bei vielen anderen Herstellern auch) direkt per Nachnahme oder Rechnung bestellen und man richtet seine Wünsche an:
INTER PATHÉ-FILM, Herrn Webert, Bolongarostr.141, 6230 Frankfurt 80.

UFA

Die UFA/ATB ist im Bereich „Dokumentationen“ eigentlich nur mit einem nennenswerten Film vertreten.Es handelt sich dabei um die für das Fernsehen produzierte „Time-Life“-Dokumentation mit dem Titel „Der zweite Weltkrieg“. UFA,dem Bertelsmann-Konzern zugehörig, konnte über die Rechte an diesem Film verfügen und brachte ihn denn auch ungekürzt auf insgesamt 12 Rollen a 120 m s/w & Farbe-Ton heraus. Hierzu muß bemerkt werden, das auch der überwiegende schwarz-weiss-Teil auf Farbmaterial kopiert wurde und daher so eine eine Art „Sepia“-Color entstand. Natürlich schildert der Film die Geschehnisse aus amerikanischer Sicht und bildet daher einen interessanten Kontrast zu den Wochenschauen und Filmdokumenten deutscher Produktion. Mitunter bekommt man diese 12 Rollen noch in den Foto-Quelle-Geschäften. Es dürfte allerdings schon etwas schwierig qeworden sein,alle Rollen komplett zu bekommen, da sie „sortiert“ (also eben nicht sortiert an Quelle ausgeliefert wurden sondern in alle Himmelsrichtungen verstreut wurden. Der Geniestreich eines genialen Einkäufers bei Quelle oder – schlimmer noch – bei der UFA selbst. Man sollte also zugreifen,wenn diese Dokumentation komplett irgendwo angeboten wird.

PICCOLO-FILM

Piccolo-Film „entdeckte“ das Geschäft mit Dokumentarfilmen erst durch den Vertrieb der „atlas-Super-8-edition“.Das war jene legendäre Filmstaffel von atlas-Filmen,die neben dem Verleih auf 16mm auch zum Kaufen auf Super-8 zur Verfügung standen.A ls atlas den Verkauf einstellte übernahm die Piccolo-Film das Ausgangsmaterial und brachte das atlas-Repertoire unter dem Piccolo-Zeichen heraus.Der Erfolg begann mit Erwin Leisers Hitler-Dokumentation „Mein Kampf“ 6x 120m s/w-Ton, die seinerzeit für allerbeste Umsätze sorgte. Dann erwarb Piccolo selbst die Rechte an dem neuen Erfolgsfilm „Hitler eine Karriere“ nach Joachim C.Fest’s Buch und „räumte“ noch einmal in der S-8-Szene ab. Die Zielgruppe war klar: Soldaten und Kriegsteilnehmer die „Erinnerung“ brauchten und Privatsammler, die sich intensiv (warum auch immer) mit dem 3.Reich beschäftigten.

Die Qualität beider Kopien ist überragend („Hitler eine Karriere beinhaltet sogar seltene Farbaufnahmen -Teil4- ) weil das gesamte Material von der Bavaria überarbeitet wurde, ehe es zur Super-8-Umkopierung freigegeben wurde. Daher sind alle Akte von gleichmäßiger Schärfe und sehr gutem Ton. Ebenfalls aus atlas-Archiven stammt die sechsteilige Serie „Das Antlitz des Krieges“, die sich vor allem mit der Entstehungsgeschichte des I.und II.Weltkrieges beschäftigt. Hier ist die Bildqualität allerdings etwas schwankend,was z.B. an den überalterten Vorlagen lag. Neben diesen drei abendfüllenden Dokumentationen verfügt die Piccolo-Film auch noch über eine Reihe sehenswerter Kurzfilme. Dazu gehören mit je ca.66m s/w-Ton die Streifen Schlacht um Sewastopol, Stalingrad, Die Invasion der Normandie, Rommel der Wüstenfuchs, Afrika in Flammen, Seekrieg, Frankreichfeldzug und die Luftschlacht um England. Die Schlacht um Berlin mit je 120m s/w-Ton 240m,rundet das II.Weltkrieg-Repertoire der Piccolo-Film ab.

Zu den weiteren sehenswerten Dokumentar.-und Reisefilmen gehören Streifen wie „Flying Clipper“,120m color/Ton, München – Weltstadt mit Herz (eine leider gekürzte FWU-Produktion) 2x45m color/Ton und die Bergsteiger-Filme Das Matterhorn und Piz Palü-Das Silberschloß mit je 70m color/Ton. Die letztgenannten Filme haben jedoch leider einige sehr unscharfe Sequenzen. Längst gestrichen aber zeitgeschichtlich immer noch interessant sind die Filme „100 Jahre Konrad Adenauer“ 120m s/w Ton und Fußball-WM 1974,2x120m color-Ton,sowie der offizielle Olympiade-Film von 1972 mit gut 66m color-Ton.

…und die anderen

In der Vergangenheit gab es viele Super-8-Filmhersteller, die ihr Geld neben zaghaften Versuchen im Spielfilm-Sektor mit Dokumentationen,Tier.und Reisefilmen u.ä. machten. Solche Filme sind heute sehr gesucht und rar. Weco-Film in Hamburg ,Mundus-Film in Nordhorn, Hama-Film in Monheim um nur einige zu nennen, hatten damals schon zum Ende der 60er Jahre Filme sowohl in Super-8 als auch in Normal 8 (meistens jedoch stumm) im Programm.

Ja – das waren noch Zeiten…

M. Teubig

„Die Leinwand“ Ausgabe 3/1985

Laden Sie hier die komplette Ausgabe, aus der dieser Artikel entnommen wurde, als PDF:

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