Super 8

Once upon a time in media

Als die private Filmkopien noch Luxus war

Filmkopien auf Super 8 - ein historischer Abriss

Als Produkt einer spezifischen Medienepoche, in der der Zuschauer neben dem Kino auf die drei (bis maximal vier) TV-Programme entscheidungsreduziert war, etablierte sich die Super 8 Filmkopie zum Kino „des kleinen Mannes“, von pfiffigen Werbetextern in einem Neckermann-Katalog 1976 betituliert als: „Pantoffel-Raucher-Biertrink-Sofa-Kino“. Die piefigen Kopfbilder, die diese Bezeichung auslösen, sind nicht allzeit hergeholt, bedenkt man doch, welche z.T. niveaufreien Filmgenre sich seinerzeit großer Beliebtheit erfreuten. Den Super 8 Film aber nur auf – durchaus unterhaltsame – Trashstreifen, Kriegs-, Erotik- und Eastern zu verkürzen würde dem Medium nicht gerecht, fanden doch letztlich vor allen die großen Kinoerfolge ihren Weg in das Schmalfilmformat, aus allen beliebigen Genre. „Kinoerfolge auf Super 8“, so der griffige Spruch eines Filmvertriebs, macht deutlich worum es hier ging: Der Traum vom Kino zuhause.

Wobei die Idee der kommerziellen Filmkopie für daheim nicht erst in den 1970ern entstanden ist. So wurden beispielsweise in den USA bereits Ende der 1930er Jahre Filmkopien für den Heimmarkt produziert (von Eugene W. Castle unter dem Label „Castle Films“), und in Frankreich etablierte Pathé das 9,5mm Filmformat mit kleinen, bezahlbaren Projektoren und einer großen Auswahl an (Spielfilm-) Filmkopien. Diese wurden auf jedes Format gezogen, das gerade „en vouge“ war, ob (natürlich) 35mm, 16mm, Normal 8 oder zuletzt auf Super 8. Doch ihren Höhepunkt fand die Filmkopie erst im Super 8 Format. Die Wirtschaft war wieder erstarkt, mancher Privathaushalt konnte sich besonderes leisten. Durch diese finanzielle Kraft erfüllte man sich den Wunsch, die eigenen Liebsten, die glücklichen Momente, im Filmbild festzuhalten. Und sorgte so ab 1965 mit der Einführung von Super 8 – einem vergleichsweise günstigen und ganz besonders sehr einfach zu nutzendem Filmformat – für eine rasante Verbreitung von Kameras und dazu gehörenden Projektoren. Bereits 1975 besaß jeder sechste bis siebte bundesdeutsche Haushalt einen Super 8 Projektor, davon zwischen 700 000 und 800 000 mit Ton.

Tonprojektoren waren erheblich kostspieliger als ihre stummen Vorgänger. Aber mit Ihnen konnten nun auch Spielfilme oder Zeichentrickfilme mit Ton abgespielt werden. Dem Wunsch vom kleinen Privatkino kamen dann auch eine Reihe von Filmvertrieben in der Bundesrepublik nach.

Hauptprotagonisten

Piccolo Film

Bereits 1970 präsentiert der bayrische Filmvertrieb „piccolo-film“ seinen ersten Gesamtkatalog auf der photokina ’70. Neben Titeln des amerikanischen Filmanbieters „Castle Film“ unter eigenem Label reichte das Programm vom Stummfilm-Slapstik über Reisefilme (sogenannte „Souvenierfilme“), Kindertiteln (wie die Mecki-Puppenanimationen), Western und Dokumentationen. Sowohl in Super 8 als auch im älteren Normal 8 Format.

1974 gelang Piccolo-Film ein Lizenzabkommen mit Disney und konnte so als einziger Filmvertrieb in Deutschland Kurzfassungen der Disneyfilme anbieten, erweiterte 1978 sein Programm durch Übernahme von Titel des US Anbieters „Universal 8“  für den deutschen Markt, die mit deutscher Synchronisation ein großes Sortiment attraktiver Titel beinhaltete (z.B. Hitchcocks Die Vögel, Kampfstern Galaktika und Das Omen). Piccolo-Film veröffentliche hauptsächlich 120 Meter (17min) und 240 Meter (34min) Fassungen von Spielfilmen.

Marketing-Film

1973 begann Marketing Film aus Bochum, Super 8 Kopien anzubieten. Startete man zuerst mit alten Schwarz-Weiss-Slapstik-Streifen aus den 1930er, wurden bereits 1973 erste Schnittfassungen von aktuelleren Kinofilmen Angeboten wie z.B. „Für eine Handvoll Dollar“ oder „Der Hexer“. Mit der Veröffentlichung von „Krieg der Sterne“ als 25 Minuten lange Fassung gelang Marketing Film 1978 der erste Megaseller.

Die Qualität der Titel steigerte sich nochmals, als es der Geschäftsleitung gelang, einen Exklusivvertrag mit Paramount abzuschließen, später dann auch mit United Artists.

Damit konnte die Firma eine große Zahl erfolgreicher Premium-Titel in ihr Programm aufnehmen (z.B. „Grease“, „Der Pate“, „Spiel mir das Lied vom Tod“). Marketing-Film veröffentlichte Filme mit zumeist 240 Meter bis 360 Meter (51 Minuten) Lauflänge.

UFA/Büscher-Film

Als dritten Hauptprotagonisten der Super 8 Heimkinofilme ist noch die ebenfalls 1972 auf den Markt getretene Firma Ufa-ATB aus Essen zu nennen, die eine große Zahl von Filmtitel unterschiedlichster inhaltlicher Qualität veröffentlichte. Zum einen handelte es sich hier um Titel, die durch einen Vertag mit Ken Films (die neben Castel Films bzw. Universal 8 zu den wichtigsten Filmanbietern in den USA zählten) für den deutschen Markt lokalisiert wurden, als auch eine große Zähl exklusiver Veröffentlichungen europäischer Produktionen (z.B. „Die schönen Wilden“ oder die deutsche Komödie „Flitterwochen“). Zu den großen Erfolgen gehörten u.a. die 34 Minuten Fassung von „Das Imperium schlägt zurück“ oder „Superman“ (der sowohl als 17- als auch als 51minütige Fassung angeboten wurde). UFA/ATB entwickelte sich zum größten Anbieter von Super-8-Kopien auf dem deutschen Markt, und hatte viele längere Filmfassungen im Angebot (360m bis sogar 480m!).

Hier können Sie den original piccolo-film-Katalog von 1981 runterladen:

Hier können Sie den original marketing-film-Katalog von 1980 runterladen:

Hier können Sie den original UFA/Büscher-Film-Katalog von 1982 runterladen:

Die hier genannten Hauptprotagonisten teilten sich den Heimkinomarkt noch mit einer Reihe weiterer Labels, die gemessen an der Attraktivität der Filme, der schieren Zahl an Titel sowie der Marktpräsenz mit den hier genannten nicht gleichzusetzen sind, z.B. Atlas Film, Inter-Pathé, Rex-Film, Revue-Film etc. (mehr Informationen zu weiteren Filmanbietern und Filmkataloge finden Sie hier super8rezensionen.de). Auch in der damaligen DDR wurden Filmkopien auf Super 8 angeboten, diese DEFA-Heimfilme lagen allerdings zumeist Schwarz/Weiß und immer ohne Ton vor, mit 33 Meter oder 60 Meter Länge.

Besondere Filme

„Die Lady aus dem Weltraum“, ein etwa 17minütiger Science Fiction Film mit Vivi Bach und Dietmar Schönherr in den Hauptrollen, sowie einem Hund mit aufgeklebtem Mini-Geweih wurde 1970 nur für die Vermarktung auf Super 8 von Piccolo Film produziert, und war nie anderweitig zu sehen. Erst auf  YouTube kann man sich diese Perle in stark gealterter Bilqualität wieder ansehen: Teil 1, Teil 2. Da 1970 Tonfilmprojektoren noch selten waren, wurde hier neben der Tonversion auch eine stumme Version angeboten mit beiliegender Schallplatte, die parallel zum Film abgespielt werden konnte.

Mutig veröffentlichte piccolo-film – auch als Wurf gegen die aufkommende Videokassette – einige wenige Titel als Cinemascope-Fassung  (hierzu benötigte man ein spezielles Objektiv für den Projektor) sowie einige wenige Titel mit Stereotonspur und, mit „Gefahr aus dem Weltall“ und „Der Schecken vom Amazonas“, zwei Filmtitel in 3D (grün/rot Brille) .

Super 8 oder Video?

Diese Frage stellt sich Michael Teubig in der Kinothek Ausgabe 4/1981. Lesen Sie hier sein Fazit:

Filmkopien - die Ausstattung macht den Preis

Der Markt für Super 8 Filmkopien war weit gefächert. Zu jedem Genre gab es nahezu unzählige Titel, besonders zu den seinerzeit besonders beliebten: Italowestern, Material Arts, Kriegsfilme (und -Dokus), Softpornos und natürlich richtige Pornostreifen, die Prozentual – wenig überraschend – den größten Anteil der verkauften Titel ausmachten. Da sich Super 8 als recht kostenintensives Trägermaterial darstellte produzierten die Hersteller ein breit gefächertes Angebot von Filmtiteln in unterschiedlichster technischer Ausführungen, um das Format massenmarktkompatibel zu halten und Käufer mit unterschiedlicher Kaufkraft ansprechen zu können. Dazu wurden Spielfilme stark gekürzt, um Material zu sparen.

Preisliste UFA-Filme

Beispiel einer Super 8-Film Preisliste (hier UFA-Katalog 1978/79)Als günstigste Option wurden Filmausschnitte von 2 1/2 Minuten Lauflänge angeboten (15 Meter), kopiert auf schwarz/weiß-Material und ohne Ton (ev. mit einkopierten Untertiteln). In dieser Ausführung wurden auch in längeren Fassungen produziert, bis zu 17 Minuten (120 Meter) Lauflänge. Entsprechend dazu gab es eine breite Palette weiterer Versionen, z.B. stumm, aber in Farbe (beliebt bei Cartoons oder Pornos), schwarz-weiss mit Ton in unterschiedlichen Längen und – die Königsklasse – Color und Ton.

 

Diese Premiumprodukte hatten gewöhnlich Längen von 9 Minuten (60 Meter), 17 Minuten (120m), 34 Minuten (240m), 51 Minuten (360m) oder sogar 68 Minuten (480m), konfektioniert auf 120 Meter Spulen (und damit kompatibel war mit allen auf dem Markt befindlichen Projektoren), sodass längere Filme als Mehrteiler angeboten wurden.

In finanzieller Hinsicht war die Anschaffung solcher Kurzfassungen ein exklusives Vergnügen: für 120 Meter Super 8 Film in Color und Ton wurden stattliche 149,- DM aufgerufen, was sich bei einem Mehrteiler entsprechend aufsummierte. Ergo kostete beispielsweise der UFA/ATB-Vierteiler von „Die Wildgänse kommen“ (UK 1978) die sagenhafte Summe von 596,- DM. Kein Wunder, dass nicht viele Titel in dieser Ausführung als „Vierteiler“ publiziert wurden.

Angesichts der Kosten stellt sich natürlich die Frage nach Zahlen der Auflage und Nachfrage von Super 8 Filmtitel. Hierzu schreibt Heidi Dürr in der Zeit vom 30. Juli 1976 im Artikel „Kino für den Hausgebrauch“:

"Nach Schätzungen des Verbandes der Deutschen Photographischen Industrie in Frankfurt wurden in der Bundesrepublik allein im vergangenen Jahr (1975, Anm.d.A.) zwei bis zweieinhalb Millionen Filme verkauft. Der Einzelhandelsumsatz wird in Frankfurt auf 60 bis 80 Millionen, von anderen Marktbeobachtern sogar auf 90 bis 100 Millionen Mark geschätzt. (…) Als Hit gilt ein Heimfilm dann, wenn von ihm mehr als 10 000 Kopien verkauft werden. Dauerbrenner wie „Das Wirtshaus im Spessart“ oder der Gangsterfilm „Auch die Engel essen Bohnen“ können sogar Auflagen von 30 000 Kopien erreichen. Im Regelfall werden von einem Film jedoch nicht mehr als 6000 bis 7000 Stück verkauft."

Heidi Dürr: "Kino für den Hausgebrauch" 30. Juli 1976, aus DER ZEIT NR. 32/1976

Dabei lässt sich nicht pauschalisieren, dass die hohen Verkaufspreise einzig auf die Materialkosten zurück zu führen wären. Sicherlich zeichneten sie sich für einen gewissen Anteil der Produktionskosten verantwortlich. Piccolo Film aber kopierte z.B. u.a. auch auf minderwertigem ORWO-Material aus Ostdeutschland, was sich heute in Farbverlust und Essigsyndrom rächt.

„Im Durchschnitt kostet eine Rolle 120m Color/Ton ab Kopierwerk 45.- DM. Dazu kommen die verschieden hohen Lizenzgebühren für die Urheberrechte; meist ein Pauschalbetrag von 5.- bis 7.- DM pro Rolle. Die vierfarbige Schachtel schlägt mit 2.- DM zu Buche und ehe der Film an den Händler abgegeben werden kann muss natürlich eine Kosten- und Gewinnspanne für den Hersteller, in der Regel 35.- bis 45.- DM, „drin“ sein. Der Händler zahlt zwischen 79.- und 96.- DM plus Mwst. pro 120m Color/Ton und so bleibt ihm die Spanne von etwa 100.- DM bis zu den üblichen 149.- DM Endverbraucherpreis.“

Michael Teubig, aus „Super-8 in Deutschland: Ausverkauf der Kino-Träume“, Die Leinwand, Testausgabe 0/1983, Seite 7f.

Heidi Dürr schreibt des weiteren:

"Bei den beachtlichen Summen, die auch der Super-8-Käufer auf den Tisch legen muß (die Handelsspannen zwischen Produzenten- und Endverbraucherpreis liegen in der Regel zwischen 50 und 60 Prozent), liegt die Vermutung nahe, daß Heimkino ein Hobby für Ältere und Begüterte ist. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Marktuntersuchungen haben ergeben, daß die meisten Kunden aus der Altersgruppe der 25- bis 35jährigen stammen; 60 Prozent sind Arbeiter, nur 25 Prozent Angestellte."

Heidi Dürr: "Kino für den Hausgebrauch" 30. Juli 1976, aus DER ZEIT NR. 32/1976

Interessanterweise wurden Filmkopien – anders als wir dies heute gewohnt sind – zum Teil zeitgleich mit der Kinoauswertung auf den Merkt gebracht. So konnte man, nachdem man z.B. „Das Imperium schlägt zurück“ gerade im Kino gesehen hatte, direkt am nächsten Tag im Fotofachgeschäft die 34-Minuten-Fassung für daheim erwerben (Kostenpunkt: 298,- DM). Die zeitverzögerte Veröffentlichung für den Heimmarkt wurde erst mit der Videokassette eingeführt.

Allerdings kaufte der Kunde immer eine „Black Box“ – eine Vorführkopie zur Vorab-Sichtung wurde von den Einzelhändlern aus Kostengründen nicht bereit gestellt, und die Filme waren nach Öffnung vom Umtausch ausgeschlossen. Entsprach der Film nicht den Erwartungen, blieb man auf der Kopie sitzen.

"Dazu muß man wissen, daß es praktisch unmöglich ist, die Filme vor dem Kauf zu sehen. Da der Kunde „das Vertrauen in die Ware verliert, wenn er annehmen muß, daß die Kopie bereits mehrmals vorgeführt worden ist“ (Vertriebsauskunft), eine besondere Vorführkopie aber nur zusätzliches Geld kosten würde, führen die Photohändler in der Regel keine Kopien vor. Gleichzeitig aber lehnt jeder einen Umtausch ab, wenn der Kunde das Erwartete nicht vorfindet, da man angeblich die Kunden ausreichend informiere. Bei Photohändlern erfährt man jedoch über die bunten Photos auf den Schachteln hinaus nichts."

Wolfram Tickv: "Meterware fürs Heimkino Der Super-8-Film-Markt kommt in Bewegung" aus DER ZEIT NR. 42/1973, 19. Oktober 1973

Begann die Vermarktung von kommerziellen Super 8 Filmkopien Anfang der 1970er Jahre, so endete sie bereits etwa zehn Jahre später, mit dem Beginn der Marktverdrängung von Super 8 durch das Videosystem Anfang der 1980er Jahre. Die letzten Kopien der große Vertrieb erschienen 1982/83 (z.B. als letzter Titel in Deutschland z.B. der Firma Marketing gilt „Jäger das verlorenen Schatzes“ in einer 17 Minuten Fassung). Danach landeten die verbliebenen Super 8 Kopien auf den Wühltischen der Kaufhäuser und Foto-Fachgeschäften zu Bruchteilen der unverbindlichen Preisempfehlung.

Zum Ende der Berichterstattung in der seinerzeit wichtigsten Informationsplattform für Super 8 Käufer, der Zeitschrift Kinothek/Videothek, schreibt Michael Teubig in der Ausgabe 6/1983:

In eigener Sache
Die deutschen Super-8-Hersteller, die mit Spielfilmen für das „Heimkino“, wie man das nannte, sehr viel Geld verdient haben (an den Super-8- Fans), setzen heute aus „wirtschaftlichen Gründen“ geschlossen auf Video. Die Millionen, die mit Super-8 verdient wurden, flossen in den Ankauf von Videorechten. Neue Super-8-Filme sind nach übereinstimmender Aussage der Hersteller nicht mehr geplant. Man glaubt nicht mehr an einen entsprechenden Absatz. Bei den in vielen Großstädten durchgeführten Ausverkaufs-Aktionen konnte man Super-8-Filme schon für DM 29 pro 120 m color/Ton-Rolle kaufen. Ein Preis, der unter den Herstellungskosten liegt. Wer von den Super-8-Fans würde angesichts solcher Preise jemals wieder 90 bis 120 DM für eine Rolle zahlen (und soviel müßte sie nämlich kosten), falls ein neuer Film in drei oder vier Teilen auf den Markt käme?

Und noch etwas: Viele von denen, die sich „Fans“, „Sammler“ und „Kino-Freaks“ nennen, haben inzwischen ihre umfangreichen und wertvollen Super-8-Filmstocks „verhökert“ und damit erst recht am Grab des Super-8-Films mitgeschaufelt. Die meisten davon haben sich einen Video-Recorder gekauft. Natürlich hat das Ganze auch sein Gutes. Viele wirklich ernsthafte Super-8-Freunde haben die „schlechten“ Zeiten genutzt, um ihre Sammlung zu vervollständigen und damit um ein Vielfaches wertvoller zu machen. Für sie sind Kino und Film eben nicht gleich Video und werden es auch nie sein. Zugleich nutzen sie die Chance, über englische und amerikanische Hersteller (die durchaus noch Super-8- Filme herausbringen) an neues „Filmfutter“ heranzukommen und ihr Hobby weiter auszubauen.

Für eben diese Gruppe werden wir eine „super-8-special“-Seite in VlDEOPLAY beibehalten. Hier findet man Nachrichten, Neuheiten, Tips, Tricks und sicher auch Filmbesprechungen.“

Michael Teubig

Leider blieb dies die letzte Meldung für Super 8 in der Zeitschrift Videothek, die Redaktion hatte sich inzwischen gegen eine Weiterführung der Rubrik „Super 8“ entschieden. Michael Teubig entwickelte daraufhin das Konzept für eine Zeitschrift, die sich ausschließlich auf Super 8 und 16mm konzentrierte, und setzte dies auch erfolgreich um: Die Leinwand.

Mehr Informationen

… finden Sie in dem Artikel „Der programmierte Tod?“ aus der Videoplay Ausgabe 6/1982, der mit dem kritischen Blick eines Super-8-Begeisterten die Marktsituation analysierte:

Vom Massenmedium zum Spezialistenmedium

Während viele Filmsammler auf das neue Massenmedium Magnetband wechselten, internationalisierten sich die übrigen deutschen Super-8-Sammler – zwangsläufig. Denn im angelsächsischen Raum blühte das Super-8-Format weiter. Die Firma Derann aus Großbritannien produzierte noch bis 2007 Super-8-Filmkopien in hervorragender Qualität, Schnittfassungen, später auch ungeschnittene, komplette Filmen, die gerne an die 1500 DM pro Kopie kosteten. Aber Beamer gab es noch keine, wer also einen Film „in groß“ sehen wollte, musste nach wie vor auf Super 8 zurückgreifen – das dem VHS-Bild qualitativ ohnehin deutlich überlegen war – und bleibt. Kopien in Cinemascope und Stereoton grenzten die Super 8 Kopie weiter von der Videokassette ab.

Preisliste Komplettfassungen von Rainer Stefan Film, aus Movie 1/1995

Preisliste Komplettfassungen von Rainer Stefan Film, aus Movie 1/1995

Auch in Deutschland gab es eine Handvoll Produzenten von exklusiven Kompettfassungen aktueller Kinofilme, oder es wurden Filme im Ausland (USA/GB) eingekauft und vor dem Weiterverkauf mit der deutschen Syncho bespielt. So sind auch heute komplette Super 8 Fassungen von Terminator 2, Spiderman oder Indiana Jones III im Umlauf.
Es entwickelten sich auch kleine, verschworene Interessengruppen, die, gut vernetzt, einzelne Kopien über Nacht aus Kinosälen „ausliehen“ um innerhalb weniger Stunden eine kleine Handvoll unlizenziserter Privatkopien auf Super 8 in ansässigen Kopierwerken herstellen zu lassen (vor allem in Berlin). Im selbst ausgebauten „Heimkino“ trafen sich Sammler und Filmfans um – als Gesellschaftsevent – auf der großen Leinwand Filme zu genießen und „das große Kino“ nachzuahmen.

Die aktuelle Situation

Auch wenn mit Einführung der DVD und dem Preisrutsch in der Beamertechnologie viele Filmsammler ihre Super 8 Archive auflösten, gibt es noch immer eine lebendige und aktive Community. Filmbörsen, Magazine, Filmclubs trotzen der Übermacht des Digitalen Films. Noch immer werden (in kleinen Auflagen) neue Kopien für Sammler produziert, wobei sich zum Teil durchaus die Frage der Sinnhaftigkeit stellt nach analogen Filmkopien von vollständig digital produzierten Hollywoodproduktionen, wie z.B. eine Promo-Reel zu Avatar oder das Podrace aus Star Wars Eposide I. Es entstehen sogar nach wie vor neue Schnittfassungen, zuletzt von „Captain America“. Beliebt sind auch VÖs der Anfangs-Actionsequenz von Bond-Filmen incl. anschließendem Titellied, mit dessen Ende dann auch die Super-8-Fassung schließt. Es werden neue Kopien gezogen von sowohl hochaktuellen Produktionen als auch Klassikern. Der Initiator für diese Neuveröffentlichungen, Steve Osborne, betreibt in den USA einen umfangreichen Online-Versandhandel (mit ungewöhnlich gestalteter Webseite).

Auf ebay steigen die Preis für gebrauchte Super 8 Kopien unaufhörlich, in den vergangenen 6 Jahren etwa um 100%, abhängig vom Titel. Inwischen werden für seltene Super-8-Schnittfassungen z.T. Preise aufgerufen, die sich dem Originalpreis stark annähern (z.B. wird die 360m-Fassung von „Zombie“ 2020 zwischen 150€-200€ gehandelt).

Super 8 bleibt nach wie vor aktiver Teil des Medienpools. Gerade Kodak bewirbt gerade die Neuauflage von Kodak Super 8 Material zum selbst Filme drehen, gemeinsam mit einer neuen Super 8 Kamera. Und neue Pläne von Kodak gehen in eine Weiterentwicklung des Super 8 Formats. Hierbei soll der Platz, der auf dem Filmstreifen frei gehalten wird für die Magnettonspur, genutzt werden für ein etwas größeres Filmbild für eine verbesserte Bildqualität. Um diesen Platz ausnutzen zu können wird allerdings eine neue Kamera von Kodak nötig werden (Stand Mai 2020).

Super 8 ist selbst heute noch nicht am Ende seiner Entwicklung angelangt.

Autor: Joachim Schmidt

Quellen

Kinothek Ausgabe 01/1981

Kinothek Ausgabe 02/1981

Neckarmann-Katalog 1976

Heidi Dürr: „Kino für den Hausgebrauch“ , aus DER ZEIT NR. 32/1976, 30. Juli 1976

Wolfram Tickv: „Meterware fürs Heimkino – Der Super-8-Film-Markt kommt in Bewegung“ aus DER ZEIT NR. 42/1973, 19. Oktober 1973

Eberhard Nuffer: „Die Geschichte des Super-8-Spielfilms Teil 2“, Lumiere Filmclub Ausgabe 2/1992

Scott MacGillivray: „Castle Films – A Hobbyist’s Guide“; iUniverse, Inc ; Lincoln USA 2004, 1. Auflage

Gerals McKee: „Film Collecting“; The Tantivy Press, London, UK 1978, 1. Auflage

Rolf Tobeis. „Der Super 8 Führer“, 2. Auflage, Vertrieb durch Fotokopie, Datum unbekannt (Anfang der 1990er)

Andreas Chmielewski: „Er läuft und läuft und läuft“, aus KULT!, Ausgabe 1/2017, Seite 90f

Produktkataloge von UFA, Piccolo und Marketing 1978-1982

Movie Ausgabe 01/1995