Super 8

Einladung zum Filmabend

Artikel aus dem Magazin Movie des Lumière Filmclub

Archiv Teubig

Aus Movie 3/1996, Seite 15-18

... und keiner kommt... was nun?

Es gab selige Zeiten, da kam man unter Super-8-Freunden schon zu einem „Filmabend“ zusammen, wenn einfach nur ein paar Trailer aus England, oder den USA heißersehnt eingetroffen waren. Das war immer ein guter Grund dem Kino-Hobby zu frönen.

Diese Zeiten sind (oder irre ich mich?) lange vorbei. Heute muß es zumindest schon ein Film in kompletter Länge sein, natürlich mit dem obligaten Vorprogramm bestehend aus Dias, Werbung & Trailern. Wie im „richtigen“ Kino eben – und das ist es doch was wir alle wollen? Denn heute traut sich doch wohl kaum jemand eine 120m, oder gar noch kürzere Schnittfassung eines inzwischen doch schon leicht angestaubten Kinoerfolges zu zeigen. Formatbedingt gibt es ja noch weiter die bekannten 240/360m oder 480m-Fassungen, doch diese dürften mittlerweile hinlänglich bekannt sein und nicht gerade den „Kick“ für einen Filmabend ausmachen. Dennoch weiß ich, daß recht viele Super-8-Freunde gerade mit diesen Schnittfassungen die schönsten Filmabende in der Vergangenheit erlebten!!

Doch im Zeichen der multimedialen Überflutung durch TV, Laserdisc, Video, PC und Internet ist gerade in der jüngsten Vergangenheit in der Heimkino-Szene eine gewisse, na sagen wir mal Lethargie zu beobachten. Ich weiß von etlichen FilmsammlerFreunden (egal ob jetzt S-8, 16 oder 35mm), daß es immer schwieriger wird, begeisterte Filmliebhaber ins Heimkino zu locken. Man redet zwar oft „vom nächsten Filmabend“, fühlt schon mal telefonisch wegen eines allseits passendes Termins vor und lädt dann schließlich offiziell ein. Ja und jetzt kommt’s, es hagelt Absagen von eben jenen Leuten, die sonst immer so interessiert waren!! „Leider“ hat die Oma Geburtstag, die Freundin hat schon vor längerer Zeit bei einer Party zugesagt, das Auto ist defekt oder muß eben „arbeiten“ … usw. usw. Immer häufiger kommt auch die Begründung „Du, den Film kenne ich ja schon und habe ihn >gerade< erst wieder gesehen“ oder alternativ „nächste Woche“ (oder letzte Woche) bekomme (bekam) ich selbst eine Kopie“! Was also ist nur los mit Deutschlands Heimkino-Freunden??

Halten wir also mal folgendes fest. Es ist ja toll, wenn man z.B. als 35mm-Sammler einen aktuellen Streifen recht bald in sein Archiv legen kann. Zeigen sollte man ihn aber doch besser nicht, denn den haben tatsächlich gerade > a l l e < ja erst im Kino gesehen, also warum denn jetzt gleich schon wieder??

Es ist auch super, wenn man als S-8-Sammler sein halbes (oder auch mehr) Monatsgehalt in die neueste Disney-Veröffentlichung gesteckt hat. Aber so etwas wie z.B. „Pocahontas“ hat man erst vor einem halben Jahr im Kino gesehen und auch noch zusätzlich (trifft auf Familienväter zu), die Videocassette für schlappe 29.50 DM vor Monaten im Supermarkt für die Kleinen erstanden.

Und selbst jene Filmfans (die hat ja wohl sicherlich jeder von uns in seinem Bekanntenkreis), die längst auf magnetisches Kinovergnügen per Cassette oder Bytes per Laserdisc umgestiegen sind, „haben“ ja bereits alles Aktuelle. Die haben den neuen „Schwarzenegger“ (englisch) in der „ungekürzten“ Laserdisc-Fassung direkt vom US-Importeur. „Aktueller“ geht’s schon garnicht mehr, denn dieser Blockbuster war ja noch überhaupt nicht in deutschen Kinos ….. Wie sollen wir solche (ja ohne Zweifel „auch“) – Kino-Freaks in die Stühle unseres Heimkinos bringen??

Ich denke, an diesen drei willkürlichen, aber realen Beispielen können wir die Misere festmachen. Das Heimkino im klassischen Sinne hat etwas von seiner Attraktivität verloren. Der immer schnellere Zugriff auf „Filme“ (man denke nur an Leo Kirch’s DF-1-Pay-TV-Kanäle die jetzt heißlaufen) machen „Kino“ zu etwas Alltäglichem, Gewöhnlichen, stets Abrufbarem, Langweiligem. Ein befreundeter Sammler in Norddeutschland brachte es im besten „Werner-Dialekt“ auf diesen Nenner: „Was weiß die Kuh vom Sonntag, wenn sie jeden Tag Gras frißt …. “ Zitat Ende.

Insofern befinden wir uns als „Kinobesitzer“ heute in der gleichen Lage wie die Filmtheater der 30er Jahre in den USA, sowie den späten 60er Jahren auch dann bei uns. Das Fernsehen (und da gab nur zwei Programme) nahm den Kinos die Zuschauer weg. Das Dumme ist nur: „Cinemascope“ ist bereits erfunden (rettet also nicht vor dem kleinen Bildschirm) und Stereoton aus wenigstens 4 Kanälen bieten die Magnet- und Byte-Filmspeicher auch!

Eine düstere Bestandsaufnahnme aus der Praxis. Sollen wir nun die Filme, den Projektor und die Leinwand im Sperrmüll entsorgen?? Oder doch (wie die „Anderen“) eine Laserdisc-Projektion für viel Geld mit den stets angeprangerten Nachteilen völlig neu einrichten: dann würden wir ja die eigene „Sippe“ für immer verraten … ?

NEIN !!

Wir sollten aber einmal wirklich gründlich darüber nachdenken, wie das Heimkino wieder attraktiver werden könnte. Wie aus einem „Filmabend“ ein „Event“ wird und wie die vorhandenen Filme wieder „Lust auf Kino“ machen! Und um hier als nicht NurSchwarzmaler gebrandmarkt zu werden, mache ich auf gleich jetzt ein paar Vorschläge, die erprobt wurden und zur Nachahmung empfohlen sind!

  1. Da der Schrei nach dem „Neuesten“ heute in der Medienüberflutung ertrinkt, sollten ihre Filmabende wieder mehr unter einem bestimmten Thema stehen. Durchforsten Sie also Ihr Archiv nach Filmen, welche auch zusammen passen. Warum nicht mal einen Marilyn Monroe – Abend mit einem Hauptfilm und einem dazu zeitlich passenden Beiprogramm gestalten? „Manche mögen’s heiß“ (1958). Welche Trailer haben Sie zum Beispiel zu Filmen dieses Uraufführungs-Jahres? Gibt es eine Wochenschau im Archiv, oder gar einen passenden Trickfilm aus dem gleichen Jahr? vielleicht besitzen Sie eine Dokumentation oder einen Naturfilm aus jener Zeit, und welche Werbung, Dias oder „Demnächst“ – Ankündigungen lassen das Flair von 1958 im entsprechend dekorierten Kino aufleben? Eine Elvis-CD (besser noch knackende LP!) mit alten Rock-Songs paßt genauso gut dazu wie z.B. Classic-CocaCola-Flaschen, Martini und Chips.
  2. Die „Fifties“ sind Ihnen zu alt? Na bitte, wie wäre es mit „Star Wars“ (1977/78)? Das war doch die Zeit, als im Kino nebenan auch noch Ingrid Steeger im Straps-Dirndl jodelte (was zum Kinosterben führte), aber auch John Travolta als Schlaghosen-Eintänzer in „Saturday Night Fever“ glänzte. Mit dem passenden Beiwerk haben Sie gleich wieder ein „Programm – Event“. Ich denke dabei noch an entsprechende Plakatierung und Fotos im Kino und vielleicht treiben Sie passend zur Langnese-Werbung auch noch das Original-Eiskonfekt (gibt’s nämlich noch) von damals auf. Die Pausenmusik muß natürlich von James Last (oder noch derber) von Max Greger sein.

Verstehen Sie jetzt was ich meine? Ein >Thema< muß her, ein Aufhänger, eine Idee. Sie haben keine? Hier kommen jetzt in Stichworten noch mehr!

a) Nostalgisch: Ein „Laurel & Hardy“ – Abend (gut für Kurzfassungen). Empfangen Sie Ihre Gäste entsprechend kostümiert oder laden Sie gleich im Stumm-Film-Look ein!

b) Modern: „Cyberspace-Night“ mit viel Neon, Techno, CarpenterMusik und noch Schlimmeren. Filme wie „Projekt Brainstorm“, „Robocop“, „Terminator“ (Double-Feature?). Dazu Blue Curacao •.. (3-D-Klassiker mit Brillen vorneweg ..• ).

c) Gruselig: „Fright-Night“ – zeigen Sie die Höhepunkte/Szenen/ einzelne Akte aus den besten oder schlechtesten Horrorfilmen die Sie haben, von Klassikern wie „Frankenstein“ (Castle-Film, 60m-Fassungen) bis hin zu Christopher Lee und der leibhaftigen Tarantula. Dazu Schwarzlichtlampen im Kino, nur blutrote Drinks an der Bar …

d) Komisch: „Jerry Lewis, Heinz Ehrhardt, Louis de Funes“ – es gibt da soviel Schönes, das schon vergessen ist und welches man immer wiedersehen kann.

e) Noch komischer: „Selbstgedrehte Urlaubsfilme“ (je älter, desto witziger …•• „So sah ich ‚mal aus •.. „), gemischt mit KinoHighlights aus dem gleichen Jahr, Trailern, Dias aus dem Urlaub – jeder Gast sollte auch mindestens eine derartige Kodak K-40 – Nostalgierolle mitbringen, denn merke: Nicht nur über sich, sondern auch über andere lachen macht Spaß!

f) Für Freaks: (erstaunt auch die Laser-Disc-Leute, die können das nämlich nicht): zeigen Sie unter dem Motto: 11101 Jahre Kino“ im >Wechsel< Stummfilme in Normal-8 mit Mini-Bild, dann Cinemascope mit Dolby-surround, dann s/w mit krachendem Ton (Fred Astaire), sowie Farbe mit etwas Selbstgedrehtem, dazwischen Dias – machen Sie einfach aus Ihren Formatmöglichkeiten eine Multi-Media-Kino-Show!!

g) Es knallt: Wie wäre es mit einem „Western – oder auch Krimiabend“? Wer war denn der „Schlafwagenmörder“ und wie schön ist doch die Kurzfassung von „Psycho“ mit der Duschszene …. Warum nicht „Winnetou“ mal reiten lassen oder den „Fremden ohne Namen“. Machen Sie aus Ihrem Filmmaterial abendfüllende Rollen – mit Trailern, Zeichentrick (Lucky Luke) und John Wayne als „Der Marshal“. Inklusive Bourbon on the rocks … und Marlboro-Cowboy …. !

h) Disney & Co.: Stellen Sie abendfüllende Programme mit Cartoons von Walt Disney zusammen, oder präsentieren Sie mal das „Tom & Jerry“ Mega-Festival … !

i) Wir zeigen …. : Jeder der Gäste bringt einen Akt seines Lieblingsfilms mit und dieser wir dann gezeigt. Anschließend wird darüber geredet, was er daran und warum so schön findet … – Gesprächsstoff also für eine ganze Nacht ..• !

FAZIT:

Um das Interesse wiederzubeleben ist jede Idee gerade recht. Machen Sie im MOVIE-Magazin doch ganz einfach auch mal ein paar Vorschläge oder berichten Sie, wie und mit welchen „Zutaten“ Sie Ihre Filmabende so gestalten. Dies sind dann Anregungen für uns > A l l e < – die wir ja bekanntlich im gleichen Boot sitzen. Und wenn der etwas leckgeschlagene Kahn nicht im Desinteresse und den Wogen der Laserbytes und Magnetteilchen-Stürme untergehen soll, dann wird es Zeit für die „Meuterei auf der Bounty“, oder besser gesagt Zeit dafür, das Flaggschiff „Heimkino“ wieder auf einen stolzen, richtigen Kurs zu bringen. Möge die Macht (des Kinos) mit uns sein … !

Autor: Michael Teubig